Hanako war mit ihren zwölf Jahren eigentlich ein ganz normales Mädchen, wie jedes andere auch. Doch gab es bei ihr einen Unterschied, denn Hanako war etwas einsam.
Wenn sie ihre zwei Klassenkameradinnen Michiko und Akane nicht hätte, würde sie nur zu Hause sitzen. Ihre Mutter arbeitete beim Militär und so wohnte Hanako bei ihrer Großmutter, die aber des öfteren bei den Nachbarn plaudern war. Manchmal hatte Hanako einfach keinen Spaß mehr am Leben.
Langsam stand Hanako auf und ging ins Badezimmer. Als sie in den Spiegel schaute, fiel ihr auf, dass sie komische Sachen anhatte. Als sie an sich herunter schaute, bemerkte sie, dass sie nur ihre Unterwäsche anhatte. Sie schaute abermals in den Spiegel, doch dieses Mal war nichts merkwürdiges zu sehen.
„Manchmal spielen die Augen ein Trugbild vor. Und sind auch so schnell vorbei, wie sie kamen“, sagte Hanakos Großmutter, die in der Badezimmertür stand.
„Ja, da hast du wohl recht“, stimmte Hanako zu und begann dann mit ihrer Morgentoilette. Ihre Großmutter verließ dann das Badezimmer, um in der Küche das Frühstück vorzubereiten.
Am frühen Nachmittag ging Hanako in der Stadt spazieren und überlegte sich, was sie heute machen sollte.
Unterwegs kam sie an einer dunklen Gasse vorbei, aus der ein Knurren kam. Hanako blieb stehen und schaute in die dunkle Gasse. Als in der Dunkelheit aber zwei rote, finster schauende Augen erschienen, lief es ihr eiskalt über den Rücken. Dann gab es ein lautes Krachen und etwas kam aus der Gasse auf sie zugerannt.
Hanako sprang gekonnt zur Seite und ein riesiger Oger kam auf die Straße gestürmt. Er blieb plötzlich stehen, schaute sich um, und als er Hanako entdeckte, rannte er mit schwingender Keule in ihre Richtung. Sie machte dass sie wegkam und rannte so schnell sie konnte. Doch Unglücklicherweise stolperte sie und fiel zu Boden. Sie schloss vor Angst die Augen und hielt sich einen Arm vor das Gesicht, doch bemerkte sie, dass es ziemlich ruhig auf den Straßen war.
Sie öffnete ihre Augen und schaute sich um, aber da war nichts. Entweder war der Oger woanders hingerannt oder sie hatte es sich einfach nur eingebildet.
Dann fasste ihr jemand auf die Schultern und Hanako schaute erschrocken nach hinten und erblickte ihre Freundinnen und Mitschülerinnen Michiko Terikawa und Akane Zenigata.
„Wieso bist du so außer Atem?“ fragte Michiko.
„Da war doch gerade...“, sagte Hanako, doch wurde sie von Michiko unterbrochen.
„Da war was?“
Hanako schaute noch einmal in die Richtung, wo sie den Oger gesehen hatte und meinte dann: „Da war nichts.“
„Ach so. Hast du vielleicht Lust mit in die Spielhalle zu kommen. Die haben ein neues Videospiel bekommen, dass wollten Akane und ich mal ausprobieren“, meinte Michiko.
„Von mir aus. Ich habe eh nichts besseres zu tun“, antwortete Hanako und ging mit den beiden anderen mit.
In der Spielhalle herrschte reger Andrang, wegen dem neuen Spiel. Während Akane und Michiko sich an die lange Schlange anstellten, wanderte Hanako einfach mal so durch die Spielhalle. Dabei fiel ihr ein Spielautomat auf, den sie noch nie zuvor in dieser Spielhalle gesehen hatte. Sie setzte sich davor und begutachtete erst einmal das Spiel. Auf dem Bildschirm lief eine Demo des Spiels. Zu sehen war eine knapp bekleidete Fee, die so groß wie ein normaler Mensch war. Die Fee ging in einer Stadt an einer Gasse vorbei und kaum war sie vorbeigegangen, da erschienen zwei rot leuchtende Augen in derer und kurz darauf kam ein Oger heraus gerannt.
„Das ist ja wie bei mir“, flüsterte Hanako leise vor sich hin.
„Was hast du denn da gefunden?“ fragte Yamato, ein Klassenkamerad. „Muss das Baby wieder Babyspiele spielen?“
„Halt die Klappe und lass mich in Ruhe“, kam eine einfache Antwort von Hanako. Hanako konnte Yamato nicht leiden, so zeigte sie sich jedenfalls nach außen hin. Doch in Wirklichkeit mochte sie ihn.
Aber Yamato ließ sich davon nicht abschrecken. Er stellte sich hinter sie und versuchte Hanako von hinten zu umarmen, was eh nicht das erste Mal war. Doch Hanako wusste dieses Mal im vornherein, was Yamato vorhatte. Sie drehte sich um und schubste Yamato von sich weg. Dann setzte sie sich an den Spielautomat und warf etwas Geld ein, damit sie ein bisschen spielen konnte. Kurz, nachdem Start eingeblendet wurde, kam eine Auswahlliste mit 8 Wesen. Hanako entschied sich für ein Wesen, welches grün gekleidet war. Zudem hatte es eine Rose auf dem Kopf und eine Peitsche mit Dornen in der Hand. Als sie die Auswahltaste gedrückt hatte, wurde Stage eingeblendet und wieder erschien die Kulisse mit der Gasse. Kaum war das Wesen, welches sich Hanako ausgesucht hatte, auf dem Bildschirm erschienen, kam etwas aus der Gasse gerannt, das aussah wie ein Vampir und auch so gekleidet war.
Aber sonst war es ein einfaches Prügelspiel. Mit ein paar Schlägen und Tritten war der Gegner besiegt und Hanako bekam einen neuen Gegner. Wie zuvor kam dieses Wesen auch wieder aus der Gasse herausgerannt. Dieses Mal war es ein Löwe, der eine Hose anhatte und ein Schwert in der Hand hielt. Aber auch dieser Gegner war nicht sehr besonders stark.
„Was spielst du denn da?“ fragte Michiko, die plötzlich neben Hanako stand.
„Keine Ahnung, macht aber irgendwie Spaß“, antwortete Hanako, während sie weiter spielte.
„Und was soll das für ein Spiel sein?“ wollte Michiko wissen und beugte sich vor, um etwas zu erkennen.
„Das ist Digimon Rumble Arena“, meinte Yosuke, einer der Angestellten in der Spielhalle. „Aber sag mal Hanako-chan. Wo warst du denn die ganze Zeit. Andauernd waren Michiko-chan und Akane-chan alleine hier.“
„Ich war anderweitig beschäftigt“, meinte Hanako.
„Alleine zu Hause zu sitzen und mit sich selbst reden ist nicht gerade eine gute Abwechslung. Du solltest öfters hierher kommen, dann kommst du wenigstens auf andere Gedanken“, mischte sich Michiko ein.
„Stimmt, hier entdeckst du immer wieder etwas neues“, sagte Yosuke.
„So viel neues gibt es hier nun auch wieder nicht. Ich war zwar ein gutes halbes Jahr nicht mehr hier, aber es ist gerade mal ein halbes Dutzend neuer Spiele hier. Das ist weniger als nichts“, meinte Hanako.
„Tja, seitdem es Videospielkonsolen gibt, ist hier nicht mehr so viel los. Nur wenn ein neues Spiel herauskommt, dann haben wir es zuerst. Aber es ist nur eine Frage der Zeit, bis dieses dann auch für die Konsole herauskommt“, erklärte Yosuke.
Yamato war der einzigste der überhaupt nichts sagte. Er schaute einfach nur zu, bei dem, was Hanako tat.
„Hallo Yanagiba-senpai. Ich wusste ja gar nicht, dass du heute Dienst hast“, sagte Akane zu Yosuke, die gerade um die Ecke kam.
„Ich habe die ganze Woche Tagschicht“, meinte Yosuke.
„Dann werde ich wohl die ganze Woche zu dieser Zeit hier sein“, antwortete sie gleich.
„Was ist denn mit der los“, fragte Hanako leise, leicht rübergeneigt zu Michiko.
„Die ist in Yanagiba-senpai verknallt“, erklärte Michiko ebenfalls leise.
„Die sind doch jetzt nicht etwa zusammen?“
„Vergiss es, der interessiert sich nicht für solche jungen Mädls wie uns.“
„Weiß Yanagiba-senpai, dass sie in ihn verknallt ist?“
„Ja, das weiß er. Aber er hat ihr einen Korb gegeben.“
Yamato hatte mittlerweile keine Lust mehr, den Mädels zuzuschauen, verließ die Spielhalle und macht sich auf den Weg nach Hause. Er würde Hanako heute vielleicht noch sehen, da er immerhin neben ihr wohnte.
Auf dem halben Weg, fing er an ein leises Flüstern zu hören, welches dann immer lauter wurde.
„Bist du etwa verärgert“, fragte die Stimme.
„Wer bist du“, wollte Yamato wissen.
Doch kaum hatte er gefragt, da erschien vor ihm ein Wesen, das er noch nie zuvor gesehen hatte. Es war zwar einen großen Umhang mit einer Kapuze an, doch konnte man seine roten Augen sehen.
Name: Deemon (Creepymon)
Level: Ultimate (Mega)
Gruppe: Dämonenlord
Typus: Virus
1.Attacke: Flammendes Inferno
2.Attacke: Chaosflamme
„Wer bist du und was willst du von mir“, fragte Yamato stotternd, da ihm Deemon etwas Angst einjagte.
Das war’s. Hanako hatte das Spiel zum ersten Mal gespielt und es auch gleich komplett durchgespielt.
„Das war gar nicht mal so schlecht, für den ersten Versuch“, meinte Yosuke.
„Das Spiel war ein bisschen zu einfach“, antwortete Hanako. „Ich hoffe, das demnächst mal etwas anspruchsvolleres zum spielen gibt.“
„Mal sehen was sich da machen lässt“, sagte Yosuke lachend. „Ach ja. Bis jetzt haben es noch nicht viele geschafft, Digimon Rumble Arena bis zum Ende durchzuspielen. Die Firma die dieses Spiel programmiert hat, hat noch etwas dazu gegeben. Denn die meinten, dass jeder, der dieses Spiel schafft, auch das Kartenspiel dazu bekommen müsste.“
„Was denn für ein Kartenspiel?“ Jetzt wurde Hanako neugierig.
„Komm mit, dann gebe ich dir eines“, sagte Yosuke und ging in Richtung Theke. Hanako stand auf und folgte ihm, um an der Theke das Kartenspiel zu bekommen.
Michiko und Akane folgten, weil sie hofften auch etwas abzubekommen. Aber Yosuke gab ihnen nichts, immerhin durften nur diejenigen ein Kartenspiel bekommen, die auch das Videospiel geschafft hatten. Zwar bettelten die zwei Mädchen, aber bei Yosuke war kein vorbeikommen.
Doch war Yosukes Chef da, der in der Ecke saß und eine Zeitung las.
„Nun gib den zwei Schreihälsen auch eine Packung. Wir werden den Müll doch eh nicht los“, meinte er.
Yosuke sah es ein und gab Michiko und Akane auch eine Packung Karten. Aber auch nur, weil sein Chef es gesagt hatte, ansonsten wären die zwei Mädchen leer ausgegangen.
„So, dann sagen wir mal Tschüß, denn wir gehen jetzt in den Park“, meinte Akane und verließ zusammen mit Michiko und Hanako die Spielhalle.
„Wollt ihr jetzt wirklich noch in den Park gehen. Wir waren mindestens 5 Stunden in der Spielhalle und es wird sicherlich bald dunkel“, meinte Hanako.
„Ja, kann sein, dann gehen wir halt nach Hause“, antwortete Michiko.
Die drei Mädchen verabschiedeten sich und während Michiko und Akane noch eine Weile zusammen nach Hause gingen, musste Hanako den Nachhauseweg alleine bewältigen.
Doch Hanako drehte sich noch einmal um. „Hey, hat einer von euch beiden Yamato-kun gesehen?“
„Der ist vorhin gegangen“, antwortete Akane.
„Wisst ihr, wohin er gegangen ist?“
„Keine Ahnung, vielleicht ist er nach Hause gegangen“, meinte Michiko und ging mit Akane weiter.
Hanako überlegte kurz und machte sich auch auf den Weg. Sie würde sicherlich noch kurz bei Yamato vorbei schauen, um noch ein bisschen mit ihm zu plaudern.
Unterwegs kam sie wieder an der Gasse vorbei, wo vorhin dieses Wesen heraus kam. Dieses Mal war da aber nichts. Und es war auch nicht so dunkel, denn dieses Mal schien auch die Sonne hinein.
Langsam und etwas ängstlich wagte sich Hanako in die Gasse. Sie ging bis fast zum Ende, doch sie hatte nichts entdeckt. Sie wollte sich gerade umdrehen, als ein helles Licht auf sie zukam, das sie verschluckte.